Komplettsanierung unter Verwendung von Implantaten der „Ästhetik-Linie“
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Komplettsanierung unter Verwendung von Implantaten der „Ästhetik-Linie“
Selbst beim stark kompromittierten Gebiss lässt sich eine funktionelle Sanierung mit ansprechender Ästhetik realisieren. Wie dies unter Verwendung der passenden Implantate und Restaurationsmaterialien gelingt, demonstriert der hier vorliegende Fallbericht.
Falldarstellung
Eine 38-jährige Patientin litt seit 25 Jahren an Osteomalazie. In dieser Zeit hatte sie viele Operationen hinter sich gebracht. Die OP-begleitende Medikation führte zur Reduzierung der Speichelproduktion und in der Folge zu einer hohen Kariesprävalenz.
Die Patientin stellte sich mit mehreren fehlenden Zähnen in der Praxis vor (Abb. 1 und 2). Im Einzelnen handelte es sich um 14, 15, 16, 23, 24, 25, 26, 27, 35, 36, 37, 45, 46 und 47. Die Situation ließ sich mit einer Panoramaröntgenaufnahme vollständig erfassen (Abb. 3).
Einige der noch vorhandenen Zähne waren endodontisch behandelt worden. Von Zahn 14 war nur noch ein mit Guttapercha abgefülltes, funktionsloses Wurzelfragment übrig; es steckte im Kiefer. Der wurzelkanalbehandelte Zahn 15 diente als mittlerer Pfeiler einer fünfgliedrigen Brücke von 13 auf 17. Von Zahn 16 waren zwei Wurzelspitzen im Kiefer verblieben, wie bei Zahn 14 funktionslos.
Im Unterkiefer waren die Zähne 33 und 35 endodontisch behandelt und dienten ebenso wie der dazwischen liegende Zahn 34 als Stützpfeiler für eine viergliedrige Brücke; 36 war hier als Freiendglied gestaltet. Zahn 43 war endodontisch behandelt und überkront, Zahn 44 überkront.
Die Patientin äußerte den Wunsch nach einer kompletten ästhetischen und funktionellen Rehabilitation. Angesichts der vielen fehlenden und weiterer extraktionswürdiger Zähne wurde im Beratungsgespräch entschieden: Es sollte eine komplette Neuversorgung beider Kiefer unter Verwendung von vierzehn Implantaten erfolgen, acht im Oberkiefer und sechs im Unterkiefer. Diese Planung folgte dem Grundsatz, dass aufgrund des geschwächten Knochens eine hohe Belastung auf einzelnen Implantaten bzw. eine große Krafteinleitung in das betreffende Knochensegment zu vermeiden sei.
Vielmehr sollte die Krafteinwirkung möglichst breit verteilt werden – daher die für eine festsitzende Konstruktion maximale Zahl an Implantaten.
Zunächst wurde nun ein konsequentes Backward-planning vorgenommen. Den Ausgangspunkt dafür bildeten, neben den Röntgenaufnahmen, Intraoralscans der Mundsituation (Oberkiefer/Unterkiefer) und dreidimensionale Kegelstrahl-Computertomogramme (3-D-CBCT). Die geplanten prothetischen Restaurationen wurden virtuell in den Mund der Patientin eingesetzt („3D Smile Design“, exocad GmbH), im Oberkiefer in Grün gehalten, im Unterkiefer in Weiß. Bereits in diesem Stadium wurden die typischen Kieferbewegungen durchgespielt (Protrusion, Retrusion, Laterotrusion), unter anderem um etwaige Frühkontakte sofort erkennen zu können (Abb. 4 bis 7). Im virtuellen Artikulator (exocad GmbH) wurde eine Bissposition realisiert; auf eine virtuelle Funktionsregistrierung wurde in diesem Falle verzichtet. (Hier bitte nochmal besonders gut kontrollieren: Ist dieser Absatz jetzt so okay?)
Die Implantate wurden nun direkt in das Röntgenbild eingeschrieben: acht im Oberkiefer und sechs im Unterkiefer (Abb. 8 und 9). Daraus wurden im nächsten Schritt Bohrschablonen mit Aussparungen an den Implantat-Positionen abgeleitet (Abb. 10). In die Bohrschablone für den Unterkiefer wurde an beiden Enden zusätzliche Aussparungen für zwei Fixierungsschrauben eingearbeitet. Sie sollten später die Schablone sicher an Ort und Stelle halten.
Die Implantatinsertion wurde grundsätzlich in der Weise geplant, dass das Implantat 4 Millimeter unter der künftigen Ginhgivahöhe bzw. 3,5 mm unterhalb der Schmelz-Zement-Grenze geplant und jeweils ein dafür geeignetes Implantat ausgewählt („bone height implant“; Abb. 11 und 12).
Die Implantatposition auf dem Alveolarkamm wurde horizontal so gewählt, dass der Abstand von der marginalen Schleimhautkontur 4 mm betrug (Knochen und Schleimhautstärke nach bukkal) (Abb. 13).
Nach der Überlagerung der STL-Daten der Ist-Situation, des Wax-Ups und des CBCT für den Oberkiefer wurden die Implantate, ihre Positionen und die jeweiligen Einschubwinkel geplant (Abb. 14 bis 16; exoplan, exocad GmbH). Die Optimalposition der Implantate wurde geprüft bzw. bestätigt (Abb. 17 und18). Demgemäß entstand nun die Bohrschablone – zunächst virtuell (Abb. 19 und 20). Anschließend wurde der dabei erhaltene Datensatz im STL-Format exportiert und die Bohrschablone gedruckt (DentalCAD, exocad GmbH).
Ebenso wurde ein Provisorium virtuell designt und ausgedruckt. In ähnlicher Weise erfolgte das Vorgehen im Unterkiefer (Abb. 21 bis 23).
Nach Abschluss dieser Rückwärtsplanung begann die implantologische Behandlung mit der Insertion der vierzehn Implantate (Abb. 24).
Dabei kamen konisch geformte Knochenniveau-Implantate mit großzügig angelegtem Apikalgewinde (Vorteil: Primärstabilität) und abgeschrägter Schulter (Vorteil 1: geringerer Rückgang des subkrestalen Knochens; Vorteil 2: bessere Einpassung in schmale Kieferkämme), einem Feingewinde im zervikalen Bereich (Vorteil: Bildung trabekulärer knochiger Strukturen) und einer kontinuierlich mikro- und nanorauen Oberfläche (Vorteil: Stabilisierung des krestalen Knochenniveaus) zum Einsatz (Esthetic Line, C-Tech IMPLANT, San Pietro in Casale, Bologna/Italien).
Alle Restaurationen wurden aus hochtransluzentem Zirkonoxid gefräst (IPS e.max ZirCAD Prime, Ivoclar Vivadent) und mit einer pastenförmigen Keramik bemalt (MiYO, Jensen GmbH). Bei der Anprobe der Restaurationen im Mund der Patientin zeigte sich dann eine stimmige Okklusion (Abb. 28 und 29).
Die Arbeit wurde schließlich verschraubt. Dabei kamen spezielle Multi-unit-Abutments mit kleinem Durchmesser und mit je einer 1,8-mm-Schraube zwecks Befestigung von Brücken zum Einsatz (Abb. 30; OMNI, C-Tech IMPLANT, San Pietro in Casale, Bologna/Italien). Sie ermöglichen dank ihres geringen Durchmessers eine ansprechende Ästhetik, insbesondere im anterioren Bereich. Die Patientin war mit ihren „neuen Zähnen“ glücklich, da ihre ersehnte Ästhetik und Funktion wiederhergestellt wurden (Abb. 31 bis 33). Das OP-Team freute sich.
Diskussion
Alternativ zur hier vorgestellten Lösung wäre im vorliegenden Falle grundsätzlich auch eine herausnehmbare Versorgung möglich gewesen. Da sich die Patientin aber eine festsitzende Restauration wünschte, fiel die Entscheidung zugunsten dieser Option. Dabei wurde allerdings auf Implantationen im Bereich der 6er verzichtet, um einen dafür notwendigen Knochenaufbau zu vermeiden. Stattdessen wurden die prothetischen Restaurationen mit Freiendgliedern gestaltet.
Von der hier gewählten Therapie darf man sich für die Patientin eine subjektiv höhere Lebensqualität sowie eine motivationssteigernde Wirkung auf die häusliche Mundhygiene und die gewissenhafte Wahrnehmung von Recall-Terminen erwarten. Unter der Voraussetzung einer viermonatlichen PZR sowie einer jährlichen Dekontamination mit der antimikrobiellen Photodynamischen Therapie (aPDT; HELBO TheraLite Laser, bredent medical GmbH & Co. KG, Walldorf) plus sensorbasierte Okklusionskontrolle (T-scan, Tekscan, Norwood, Massachusetts/USA) lautet die Prognose: Mindestens zwanzig Jahre dürfte diese Lösung so, wie sie ist, in situ bleiben.
Schlussfolgerung
Der vorliegende Fall zeigt, wie auch nach jahrelanger Osteomalazie und erheblichem Zahn- und Knochenverlust funktionell wie optisch eine Rehabilitation gelingen kann. Unter Einsatz einer verschraubten Konstruktion wird der Patient in eine echte FP1-Situation (zurück)geführt, d.h. zu einem mit klassischer Kronen- und Brückenprothetik restaurierten Gebiss. Fehlende Zähne bzw. Pfeiler werden dabei durch konisch geformte Knochenniveau-Implantate mit ausgeprägten ästhetischen Vorteilen ersetzt (Esthetic Line, C-Tech IMPLANT, San Pietro in Casale, Bologna/Italien). Tipp für die Praxis: Die Kronenhöhen sollten bei einer Konstruktion wie der hier vorgestellten bevorzugt im Bereich von 8 bis 12 Millimetern liegen.
Abb. 1 und 2: Nach multiplem Zahnverlust wünscht sich die Patientin eine funktionell und ästhetisch optimierte Lösung für ihr Lückengebiss.
Abb. 3: Abgesehen vom Zahnverlust sind mehrere der verbliebenen Zähne einer endodontischen Behandlung unterzogen worden.
Abb. 4–7: Falschfarben-Simulation der künftigen prothetischen Restaurationen: Bereits in diesem frühen Planungsstadium lassen sich Zahnbewegungen testen und Frühkontakte erkennen.
Abb. 8 und 9: In die Panoramaaufnahme werden die geplanten Implantate eingeschrieben – acht im Oberkiefer, sechs im Unterkiefer.
Abb. 10: Zur sicheren Einbringung der Implantate in ihre jeweilige Position und im richtigen Winkel dient eine Bohrschablone.
Abb. 11 und 12: Ästhetische Vollendung: Die verwendeten Implantate werden im Hinblick auf eine ansprechende optische Wirkung von Restaurationen und Gingiva-Anteilen ausgewählt (Esthetic Line, C-Tech IMPLANT, San Pietro in Casale, Bologna/Italien). –
Abb. 13: Eine wichtige Regel: Knochendicke und Weichgewebsdicke rund um das Implantat sollen zusammengenommen 4 Millimeter ergeben.
Abb. 14–16: Superimposition des Intraoralscans der Ist-Situation, des Wax-ups und des CBCT für den Oberkiefer: Grundlage für das Auffinden der Optimalposition der Implantate.
Abb. 17–20: Für eine sichere Insertion der Implantate wird gemäß dem virtuellen Modell eine Bohrschablone designt und später angefertigt (Guide Creator, exocad GmbH).
Abb. 21–23: Ebenso wie für den Oberkiefer wird die Übereinanderlagerung (matching) des IOS, Wax-ups und CBCT durchgeführt, die Implantate virtuell geplant und schließlich Bohrschablonen angefertigt.